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Der Herdenschutzhund

Da viele Hunde aus den Karpaten Herdenschutzhund-Mischlinge sind, sollte man sich vor der Anschaffung eines solchen Tieres gut überlegen, ob es die Art von Hund ist, mit der man viele Jahre verbringen möchte.

 

Ursprünglich wurden Herdenschutzhunde zum Schutz von Herden gegen wilde Tiere bzw. Feinde gebraucht. Während Wachhunde im Idealfall nur anschlagen, falls sie etwas Ungewöhnliches entdecken, ist der Herdenschutzhund dazu da, direkt nach vorne auf den Feind zu gehen.

Die Welpen sehen wie kleine, niedliche  Kuscheltiere aus. Daher werden sie gerne als Familienhunde und Spielgefährten für Kinder angeschafft. Bis zum 3. Lebensjahr geht diese Rechnung meist auch auf. Doch ab diesem Alter oder auch schon früher entwickeln Herdenschutzhunde ihren eigentlichen Charakter.

Selbstbewusst und eigenständig

 

Die selbstbewussten Hunde kennen keinen blinden Gehorsam. Befehle müssen für sie im positiven Sinne begreifbar sein und erlernt werden. Die Hunde treffen selbstständige Entscheidungen, handeln unabhängig und ohne direkte Anweisung. Enger Kontakt zum Menschen ist daher für einen Herdenschutzhund sehr wichtig, denn nur, wenn er dem Menschen vertraut, richtet er sein Handeln nach dem Menschen, statt selbst zu entscheiden.

Herdenschutzhunde wirken auf den Betrachter häufig sehr genügsam, verschlafen und gemütlich. Doch sollte diese ruhige Fassade uns nicht glauben lassen, sie seien langsam, unaufmerksam und nicht wachsam. 

 

Als umsichtiger Wächter ihrer Ressourcen, wozu bei ihnen Grundstück, Familie, andere Tiere, das gesamte sichtbare Umfeld und häufig besuchte Plätze und Spaziergänge zählen können, haben sie, ohne dass wir es unbedingt merken, immer den besten Beobachtungsplatz inne, um blitzschnell eingreifen zu können, falls nach ihrer Auffassung Gefahr droht. 

Fremde und Fremdes werden in diesem Bereich mit äußerstem Misstrauen betrachtet und bei Gefahr verjagt. Aus dem vermeintlich müden Teddybären wird dann ein imposanter und reaktionsschneller Herdenschutzhund.

Es ist die Aufgabe des Halters, aus dem Herdenschutzhund einen souveränen Begleiter zu machen, der nicht bei jeder Kleinigkeit laut anschlägt und dennoch seinem Bedürfnis des Wachens, Beobachtens und Aufpassens nachkommt.

Herdenschutzhunde brauchen einen absolut souveränen Halter, der Führungskompetenz ausstrahlt und den der Hund als zuverlässig und vertrauenswürdig anerkennt. Mit Respekt und Verständnis, mit Konsequenz und ohne Gewalt muss der Halter sich durchsetzen und klare Grenzen aufzeigen. Unterwerfen wird sich ein Herdenschutzhund aber niemals.

Bindung mit Freiraum 

 

Herdenschutzhunde haben ihre Ursprünglichkeit bewahrt, gerade deshalb sind sie sehr sensible Tiere. Als Welpen in der Prägungsphase benötigen sie eine besonders vielfältige und umsichtige Sozialisierung. Sie müssen intensiv ihre Umwelt, deren Einflüsse und Reize, verschiedenste Objekte und Geräusche kennenlernen sowie Umgang mit Menschen und Kontakte zu Artgenossen und anderen Tieren haben. 

Die Hunde genießen den Kontakt zu Menschen, wenn sie dabei ihre Eigenständigkeit bewahren können. Sie wollen durch bindungsfördernde Aktivitäten (bei denen Mensch und Hund zusammenarbeiten) gefordert und ausgelastet werden, brauchen dabei jedoch ihren Freiraum. Sie bauen hierdurch eine starke Bindung an die Bezugsperson(en) auf und damit verbunden das unbedingte Bedürfnis nach menschlicher Nähe und Sozialkontakt. 

Das Schutz- und Wachverhalten bildet sich erst mit zunehmendem Alter aus.

Die Voraussetzungen für ein passendes Zuhause

Ist für Sie Ihr Hund wie einer Ihrer besten Freunde?

Ist er für Sie jemand, mit dem Sie gemeinsamen Interessen nachgehen, z.B. sich um den Garten kümmern und in der Natur unterwegs sind? Nehmen Sie Ihren Hund wie er ist und geben ihm trotzdem, wenn es nötig ist, eine klare, deutliche Rückmeldung? 

Lassen Sie sich auch nicht gerne von fremden Menschen Kopf, Schultern oder Rücken tätscheln und erwarten dies deshalb auch nicht von Ihrem Hund? 

Ist es Ihnen recht, wenn Ihr Hund durch Bellen meldet, wenn sich fremde Menschen oder Tiere Ihrem Zuhause nähern? 

Ist es Ihnen lieb, wenn Ihr Hund nach einer Eingewöhnungszeit mit Ihren Katzen, Kleintieren und Nutztieren friedlich zusammenlebt? 

Ist es Ihnen weniger wichtig, wie Fremde Ihren Hund einschätzen? 

Sind Ihnen weggeworfene Bällchen oder Stöckchen auch egal?

Denken Sie sich ab und zu gerne Tricks und Intelligenzspiele für Ihren Hund aus und richten sich dabei nach den Interessen des Hundes?

Darf er bei Ihnen Dinge lernen, ohne Sie ständig ausführen zu sollen?

Können Sie mit manchmal aufbrausendem Verhalten umgehen, ohne zu erschrecken oder selbst aufbrausend zu werden? 

Sind Ruhe und Gelassenheit Ihre Stärken, die Sie an Ihren Hund weitergeben können? 

Sind Freundlichkeit, Beharrlichkeit und Körpersprache Ihre Mittel zur Erziehung und haben Sie trotzdem eine natürliche Autorität? 

Können Sie auch ohne Leckerchen mit Ihrem Hund kommunizieren? 

Können Sie Ihrem Hund mit Ritualen und Gewohnheiten im Alltag eine Orientierung bieten, ohne viel Hektik oder ständig wechselnde Personen in Ihrem Umfeld? 

Dann kann ein Herdenschutzhund gerne einer Ihrer besten Freunde werden.

Herdenschutzhunde sind also keine Hunde für jedermann und jeden Ort. Wenn man jedoch die Voraussetzungen erfüllt, bekommt man einen treuen, ausgeglichenen und einfühlsamen Begleiter, den man nie mehr missen möchte.

Checkliste: Ist ein Herdenschutzhund etwas für mich? 

– Ein Haus oder eine große Wohnung mit einem sicher eingezäunten großen Garten ist vorhanden.

– Eine starke Verbindung zu meinem Hund aufzubauen ist etwas, das ich mir wünsche.

– Ich kann mich gewaltfrei gegenüber einem Hund durchsetzen.

– Ich bin bereit mit dem Hund ein sensibles, dennoch klares aber feinfühliges und positiv ausgerichtetes Training zu absolvieren